ESR1 Mutationen vermitteln eine Resistenz gegenüber antihormoneller Therapie beim Östrogenrezeptor-positivem Mammakarzinom
ESR1 (Östrogenrezeptor 1) spielt eine zentrale Rolle beim Östrogenrezeptor-positivem Mammakarzinom, indem es das Tumorwachstum durch Bindung an Östrogene fördert. Antihormonelle Therapien, wie Tamoxifen oder Aromatasehemmer, zielen darauf ab, diese Östrogenwirkung zu blockieren und das Tumorwachstum zu hemmen. Viele Patientinnen und Patienten entwickeln im Verlauf der Behandlung eine Resistenz gegen diese Therapien. Mechanismen der Resistenz umfassen Mutationen im ESR1-Gen, die die Struktur des Östrogenrezeptors verändern und seine Aktivität unabhängig von Östrogen aufrechterhalten.
Selektion ESR1 mutierter Tumorklone unter antihormoneller Therapie
Unter antihormoneller Therapie verändert sich die Tumorbiologie, indem selektiver Druck zur Entstehung und zum Wachstum ESR1 mutierter Tumorklone führt. Bei Tumorprogress unter Erstlinientherapie beträgt der Anteil ESR1 mutierter Mammakarzinome bis zu 40%. ESR1 Mutationen führen zu einer konstitutiven Aktivierung des Östrogenrezeptors. Dies verringert die Wirksamkeit antihormoneller Therapien und trägt zur Therapieresistenz bei.
ESR1 Mutationen sind mit einem ungünstigen Outcome assoziiert
Patientinnen und Patienten mit ESR1 mutierten Mammakarzinomen zeigen häufig eine schnellere Krankheitsprogression und eine kürzere Überlebenszeit im Vergleich zu Patientinnen und Patienten ohne solche Mutationen.
Bei Tumorprogress im Rahmen der Erstlinientherapie sollte der ESR1 Mutationsstatus erfasst werden
Die Erfassung des ESR1-Status beim Rezeptor-positiven, Her2-negativen Mammakarzinom ist entscheidend für die Behandlungsstrategie bei Tumorprogression. Bei Nachweis einer ESR1 Mutation kann eine Zweitlinientherapie mit Elacestrant (Oserdu) erwogen werden.
Die ESR1 Mutationstestung sollte mittels Liquid Biopsy (Flüssigbiopsie) erfolgen
Die Liquid Biopsy ist eine nicht-invasive Methode zur Erfassung genetischer Veränderungen im Tumor mittels zirkulierender Tumor-DNA im Blut. Durch die Liquid Biopsy können ESR1-Mutationen verschiedener Tumorklone erfasst werden, was die Wahrscheinlichkeit erhöht, eine relevante ESR1-Mutation zu finden.
Selektive Östrogenrezeptor Degrader (SERD) fördern den Abbau des Östrogenrezeptors
Durch den Abbau des Östrogenrezeptors inhibieren Selektive Östrogenrezeptor Degrader (SERD) das Östrogenrezeptor-vermittelte Tumorwachstum. Vertreter dieser Wirkstoffklasse sind Fulvestrant und Elacestrant. Elacestrant kann im Gegensatz zu Fulvestrant in Tablettenform eingenommen werden. Elacestrant ist der erste Selektive Östrogenrezeptor Degrader, der für ESR1-mutierte, Hormonrezeptor-positive und Her2-negative Mammakarzinome zugelassen ist. Die EMERALD Studie zeigte, dass sich bei Tumorprogress und Nachweis einer ESR1 Mutation eine Therapie mit Elacestrant (Oserdu) als vorteilhaft erweisen kann.
Dies ist das erste Mal, dass wir ESR1-Mutationen nutzen, um eine spezifische Therapie auszuwählen. Es ist ein Beispiel dafür, was uns in Zukunft erwarten wird, da wir immer mehr in der Lage sind, jene Tumorgruppen zu identifizieren, die auf zielgerichtete Therapien ansprechen. Das ist unser Ziel in der Präzisionsmedizin.
— Dr. Angela DeMichele
aus “Guideline Update Provides New Testing and Treatment Recommendations for Patients With ER-Positive, HER2-Negative Metastatic Breast Cancer With ESR1 Mutations”
NCCN und ASCO Guidelines
Das National Comprehensive Cancer Network (NCCN) empfiehlt, den ESR1 Mutationsstatus mittels Liquid Biopsy zu erfassen. Dazu soll zirkulierende Tumor DNA (ctDNA) im Blut untersucht werden. Explizit wird darauf hingewiesen, dass der ESR1 Mutationsstatus nicht an Material des Primärtumors untersucht werden soll, da es sich bei ESR1 Mutationen in der Regel um erworbene Mutationen handelt.
Im ASCO (American Society of Clinical Oncology) Guideline Rapid Recommendation Update wird empfohlen, den ESR1-Mutationsstatus im Falle eines Tumorprogresses unter endokriner Therapie (ET) im Blut (Liquid Biopsy) oder Gewebe (gewonnen zum Zeitpunkt der Tumorprogression) zu bestimmen. Der Flüssigbiopsie wird auch hier die höhere Sensitivität zugeschrieben. Falls noch nicht zu einem früheren Zeitpunkt geschehen, wird empfohlen, zusätzlich einen Test hinsichtlich PIK3CA-Mutationen durchzuführen
Unser Gremium war sich einig, dass die Untersuchung von ctDNA ein wichtiger molekularer Test ist, um erworbene ESR1-Mutationen zu identifizieren. Wir befürworteten die Flüssigbiopsie (die Untersuchung von ctDNA) und falls notwendig, die wiederholte Untersuchung mittels Liquid Biopsy, was ich für einen wichtigen Fortschritt halte.
– Dr. Harold J. Burstein
aus “Guideline Update Provides New Testing and Treatment Recommendations for Patients With ER-Positive, HER2-Negative Metastatic Breast Cancer With ESR1 Mutations”
Liquid Biopsy – Flüssigbiopsie
Mittels hochsensitiver digitaler PCR (dPCR) werden die relevanten Hotspot-Mutationen des ESR1-Gens in im Blut zirkulierender Tumor-DNA (ctDNA) nachgewiesen. Erfasst werden Mutationen mit einer Variantenfrequenz (VAF) von bis zu 0,1 Prozent. Eine VAF von 0,1 Prozent bedeutet, dass in 5000 Wildtyp-Kopien des ESR1-Gens fünf veränderte (mutierte) ESR1-Kopien nachgewiesen werden können.
Die Liquid Biopsy kann an leicht zugänglichem Untersuchungmaterial (Blut) durchgeführt werden. Eine invasive Probenentnahme, wie eine neue Gewebebiopsie, ist nicht notwendig. Die Liquid Biopsy kann prinzipiell von jedem behandelnden Arzt abgenommen werden. Beim Probenversand sollte auf kurze Transportzeiten geachtet werden, da Hämolyse – der Zerfall von Blutkörperchen – zu einer Verdünnung der zirkulierenden Tumor DNA (ctDNA) führt. Hierdurch kann das Ergebnis der Untersuchung verfälscht und in seiner Aussagekraft eingeschränkt werden. Aus diesem Grund gibt es spezielle blutstabilisierende Abnahmesysteme, die einen Probentransport auch über eine weitere Distanz und längere Transportzeit ermöglichen.
Höchste Qualitätsstandards
Die ESR1-Mutationsanalyse mittels digitaler PCR erfüllt höchste Qualitätsstandards, die durch die Teilnahme am Ringversuchsprogramm der Qualitätssicherungs-Initiative Pathologie (QuIP) gesichert wird.
Teilnahmezertifikat
Wer fordert die Liquid Biopsy an?
Die Indikation für die Liquid Biopsy wird durch den behandelnden Arzt bzw. die behandelnde Ärztin gestellt. Nur der behandelnde Arzt oder die behandelnde Ärztin kann einschätzen, ob eine Liquid Biopsy in der jeweiligen Behandlungssituation sinnvoll ist oder nicht.
Weiterführende Informationen zur Liquid Biopsy finden Sie hier: flüssigbiopsie.de
Wo erhalte ich blutstabilisierende Röhrchen für den Probenversand
Sie sind behandelnder Arzt oder behandelnde Ärztin? Bitte sprechen Sie uns telefonisch oder per Email an. Gerne senden wir Ihnen ein entsprechendes Blutabnahmesystem zu, um optimale Transportbedingungen und eine optimale Probenqualität für die Untersuchung zu gewährleisten.
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Untersuchungsanträge für die Liquid Biopsy finden Sie hier.
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